ELLY

Elly ist meine Urenkelin. Sie ist fünf und tummelt sich täglich von neun bis nachmittags um vier in ihrer Kita, in der gutausgebildete (und weniger gut bezahlte!) Vorschulerzieherinnen nicht nur mit Kinderliedchen und Hopsasa aufwarten, wie es in konservativen Kreisen manchmal noch als ideale Betreuung herumspukt.

Unlängst erklärte die Erzieherin ihrer Gruppe die wichtigsten inneren Organe des Menschen. Danach stellte sie die Frage, ohne welches dieser Organe der Mensch wohl nicht leben könne. 

Bei den vielfältigen Antworten ließ Elly Herz und Lunge zwar gelten, als aber einer der Gruppe das Gehirn nannte, war Elly mit ihrem Protest nicht aufzuhalten und begründete diesen so: „Ohne Gehirn kann der Mensch sehr wohl leben, er ist bloß ein bisschen verwirrt!“

So etwas kann den besagten, traditionsbehafteten Müttern in den südlichen Regionen unseres Landes wohl kaum zu Gehör kommen, da eine respektable Mehrheit die lieben Kleinen nicht einfach so in fremde Hände gibt und stattdessen lieber monatlich 150 Euro kassiert. Dazu sagt man in den betreffenden – eher von Wohlhabenden besiedelten Regionen: Betreuungsgeld. Bekannter ist jener Seehofer-Bonus als „Herdprämie“ Seit dem 21. Juli soll laut Beschluss der Verfassungsrichter doch endlich Schluss sein mit der Farce.

Ob die einstigen Erfinder und Befürworter nun verwirrt sind?

GEILER GEIZ

Abgesehen davon, dass der geile Geiz, der mit Sparsamkeit wohl am allerwenigsten zu tun hat und inzwischen für alles Käufliche (einschließlich von Flatrates für den Puff) propagiert wird, gibt ein umfangreicher Teil der Wohlstandsbürger ein Mehrfaches seiner Knete gegenüber der Kosten für den täglichen Bedarf für das nicht mehr wegzudenkende, handliche Ding und dessen ohne Unterlass weiter optimierte Universalgeräte aus, mit denen inzwischen fast alles möglich ist 

Auch jener Begriff, dem man heute gern ein positives Mäntelchen verleiht und der als „Nachhaltigkeit“ formuliert wird, hat zum Beispiel nichts mehr mit vergangener langlebiger Ausstattung zu tun, wie es dunnemals üblich war, und mit einer Hochzeitstruhe voller Aussteuer fürs Töchterchen schon gar nicht. Heute erwirbt man eher zehn T-Shirts a eins-fünfzig statt nur eins für fünfzehn Euro. Die zehn Dinger kann man einfach nacheinander anziehen und anschließend – mir nichts, dir nichts – in die Abfalltonne hauen und erspart sich dabei noch das Waschen. Als Alternative dazu gibt es allerdings teure Markenprodukte, mit denen man die Konkurrenz aus dem Feld schlagen kann, zum Beispiel die bodysteifen Be-Has von Susi Pampelmusi. 

Für intelligente Komik halte ich mir immer ein Ohr offen. Wenn diese Komiker der Werbebranche mich aber mit pseudowissenschaftlichen Argumenten verarschen wollen, bleibt ihr beworbenes Produkt ein witzloses Blabla, das mich letztendlich zu einem nicht zu überzeugenden Werbemuffel werden ließ.

Mein dementsprechendes Verhalten ist ja keineswegs unbegründet, wenn man sich einiger dieser werbenden Slogans einmal konkret widmet, bei denen ich mich meist frage: „Um welches Produkt mag es sich dabei wohl handeln?“ Grundsätzlich fühle ich mich bei aller Fantasie überfragt:  Beispielsweise, wenn es da für ein rezeptfreies Pharma-Produkt heißt: „…..Pisopott gegen nächtlichen Harndrang mit der vierfachen Kraft der Herbstpistel“ (oder so ähnlich). Wieviel mag wohl das Vierfache einer undefinierten Kraft sein?

Nicht besser steht es mit jener Zahnpasta, die uns sauberere Zähne verspricht. Ich dachte immer: sauber sei sauber! So kann man sich irren.

Warum wohl 91% der Kunden „Popo-Wisch“ und nur 89% „Bläh-Stop“ weiterempfehlen, wird mir sicher ein ewiges Rätsel bleiben. 

Auch die genau mit 83% angegebenen besseren Chancen für einen Job – nach dem Besuch eines nicht gerade unentgeltlichen Kurses – machten mich stutzig. Trotz gediegener Kenntnisse hinsichtlich der Prozentrechnung blieb mir auch hierbei eine Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses verborgen. Nachhaltig scheint mir auf dem Gebiet der Werbung lediglich das Echo zu sein, das ausnahmslos wie „Sale!“ klingt.

Eine echte Nachhaltigkeit findet man allerdings im Prinzip der Protagonisten, die diese beworbenen Produkte auf den Markt bringen und – dank konsequenter Besitzorientierung – klingende Münze in Macht verwandeln können, ein geniales Prinzip, das sogar auch reziprok funktioniert und ab einer gewissen Rendite ihre Anwender gar in die Reihen der Eliten befördert.

EIN SCHNÄPPCHEN IN EHREN……

Der Begriff „Schnäppchen“ entbehrt nicht einer gewissen Komik. Der Erwerb eines Sogenannten füllt oft nutzlos Kleiderschränke, Küchen- und Kellerregale sowie Dachböden und sonstige Gelasse. Insoweit erweisen sich jene einst unüberseh- und überhörbar beworbenen Angebote meist jahrelang als überflüssige Raumfüller die Lagerstätten, um oft irgendwann ladenneu in einem Altkleider-Container oder im Sperrmüll zu landen. Somit steht ihnen trotz unbenutzter Langlebigkeit gerechterweise zumindest das viel gepriesene Adjektiv„nachhaltig“ zu, das ja nichts über den Gebrauchswert eines Produkts aussagt. 

Ich selbst bin – warum auch immer – weitestgehend immun gegenüber jedweder Werbung und sehe es nicht einmal als Diffamierung an, wenn man mich als Kauf-Muffel bezeichnet. Werbung hat bei mir so wenig Erfolg, dass ich diese über das Maß einer sachlichen Produktinformation hinsichtlich realer Qualitätsmerkmale hinaus für absolut überflüssig erachte. Selbst sogenannte  „exklusive Markennamen“ haben da keine Chance. Jeder hat eben so seine ganz persönlichen Macken und Defizite.

Das Anhängsel „chen“, (wie bei Schnäppchen) hat ja in unserer Muttersprache (Eine Vatersprache ist den Bestrebungen maskuliner Emanzipation bisher noch schuldig geblieben), ist also in unserer Muttersprache neben dem „lein“ am Ende eines Substantivs ein sogenanntes Diminutivum, wie es der Gebildete bezeichnet; aufs allgemein Verständliche übersetzt: es hat die Funktion der Verkleinerung, wobei der allwissende und weise Ratgeber Duden in diesem konkreten Fall über ein entsprechendes Substantiv für die Normalgröße, das ja logischerweise etwa „Schnapp“ heißen müsste, sich in Schweigen hüllt.

Aber es geht wohl offensichtlich bei diesen Schnäppchen nicht lediglich um Kleinigkeiten. Neulich erst traf ich den Orje Paschke, der früher mal Kühlschränke reparierte und danach rechtzeitig im Speckgürtel der Hauptstadt in die Immobilienbranche wechselte, als seine Tante Norma ihm das desolate Gelände ihrer einstigen Gärtnerei vererbte, das er wiederum anschließend als Bauland günstig verhökern konnte. Er erzählte mir, dass er gerade eine alte Villa für anderthalb Millionen im Angebot habe, und das wäre ein echtes Schnäppchen. Da scheint bei dem Begriff Schnäppchen wohl Nachbesserung vonnöten. Vielleicht gibt es früher oder später doch mal den Schnapp.

Im einstigen Arbeiter- und Bauernstaat gab es ja so etwas wie Schnäppchen überhaupt nicht. Woher sollte es auch resultieren zwischen all den Engpässen? Und daher wussten viele Ossis gar nicht, worum es sich dabei überhaupt handelt. Sie dachten, sie hätten vielleicht nicht richtig verstanden. Es könnte nur ein Schnäps-chen gemeint sein, und dies nahmen sie dann auch regelmäßig zur Brust, denn daran war kein Mangel. Aber umgehend nach der Wende gab es dann in der Ex-DDR doch die richtigen Schnäppchen, und die konnte man von der Treuhand beziehen – das heißt allerdings: nicht diejenigen, die immer nur Schnäpschen verstanden hatten, ihnen bot man auf bunt beflaggten Märkten unter jenem Begriff Autos an, die Cleverlies in den Alt-Bundesländern vom Schrott geholt hatten. 

UNSERE LÄDEN

Kürzlich geriet ich innerhalb der Fernsehprogramme zu einer aktuellen Reportage über Armut in Deutschland. Da ich nicht hinter dem Mond lebe, brachte mir die Sendung kaum etwas Neues – mit einer einzigen Einschränkung: dem Schlusskommentar der Moderatorin jener Reportage. Voller verbalem Mitgefühl verkündete sie, dass eine der vorgestellten Protagonistinnen, eine allein erziehende Mutter, ihren alltäglichen Bedarf ausschließlich in Discount-Läden befriedigen könne. Vielleicht ein bisschen weit hergeholt, fiel mir eine unvergessliche, im umgekehrten Sinn analoge Episode aus längst vergangenen Tagen ein. Es waren tiefste DDR-Zeiten, als eine gute Bekannte, Gattin eines Zahnarztes, in einer Tischrunde von „unseren Läden“ sprach, womit sie nicht etwa Konsum und HO meinte, sondern „Exquisit und Delikat“ mit gepfefferten Ostmark-Preisen und dem „Inter-Shop“ mit harter Währung. Damals blieb mir nichts anderes übrig, als die Formulierung „unsere Läden“ widerspruchslos zu überhören, um kein Mitleid zu erregen……….

Heute dagegen sollte ich wohl meine Einkäufe in Discount-Läden lieber verschweigen, um nicht einem absolut unangebrachten Bedauern zum Opfer zu fallen.     

WAHLVERSPRECHEN

„Wahl ist die Kunst, nur das zu versprechen, was man sowieso nicht halten muss“

Dies Feststellung Carlo Franchis scheint wohl der Vergangenheit anzugehören. Inzwischen scheut man sich nicht mehr davor, auch Versprechungen (Achtung: zweideutig!) lediglich als blauen Dunst abzulassen, um bei einer Wahl erfolgreich abzuschneiden.

FLASCHE LEER

Alljährlich, wenn die Schoko-Weihnachtsmänner in den Regalen der Supermärkte bereits ihre  dreimonatige Standhaftigkeit bewiesen haben und die Jahreswende naht, verlagert sich unser Augenmerk vom gewohnten Alltagstrott auf die bevorstehenden Festivitäten mit den Tauschaktionen von Objekten, die wir als gegenseitige Geschenke bezeichnen, (wobei strengstens auf einen gerechten „Wertausgleich“ zu achten ist!) Allerdings selten nur erweisen sich diese sogenannten Geschenke als nützlich, meist sind sie überflüssige oder gar Sinn entbehrende Gaben, die letztendlich in Nebengelassen landen oder im günstigsten Fall für den Beschenkten wiederum als Geschenk missbraucht werden können. Eigentlich wäre ja ein absoluter Verzicht auf diesen Tauschhandel die perfekte Alternative, wenn uns unser Gewissen nicht einen unumgänglichen Zwang dazu auferlegen würde, da ja die Vermutung nahe liegt, selbst von dem zu Beschenkenden ein Geschenk zu erhalten und keine Gegenleistung erbracht zu haben. Und das wäre ja äußerst peinlich.

Unabhängig von dieser Problematik ist es mit dem Kalenderblatt: Dezember höchste Zeit, sich um den Jahresend-Dekoschmuck zu kümmern. Dieser ist bei uns auf dem Dachboden deponiert und würde inzwischen ausreichen, um sämtliche Wohnräume in den Häusern unserer Straße festlich auszustatten.

Bei der Auswahl für meine diesjährige Raumausstattung stieß ich unvermutet auf ein Objekt, das vermutlich Jahre zuvor versehentlich in einem der Aufbewahrungs-Kartons gelandet war und in absolute Vergessenheit geriet. Es war eine außergewöhnliche Flasche, handbemalt mit vielfarbigen Ornamenten, ähnlich wie man es von kunsthandwerklich verzierten Ostereiern kennt. 

Der Inhalt befand sich noch in der Flasche, und das Etikett verriet mir ein Weingut und das Erzeugerjahr. Es handelte sich um einen Weißwein, Spätlese von 1999, fast zwanzig Jahre alt, also aus dem vorigen Jahrtausend – und dann: diese außergewöhnliche Bemalung! 

Das alles veranlasste mich letztendlich zur sorgsamen Recherche hinsichtlich jenes Fundstücks, das mir wohl irgendwann zu irgendwelchem Jubiläum von irgendwem als Geschenk zuerkannt wurde.

Bei eingehender Betrachtung entdeckte ich einen Aufkleber mit dem Text: „Herzliche Glückwünsche zur Silberhochzeit von Brigitte und Dietmar“. Damit konnte ich zwar anfangs absolut nichts anfangen, doch mein Erinnerungsvermögen ließ mich nicht im Stich und ordnete Brigitte und Dietmar als Verschwägerte meinem Bruder zu, der einschließlich seiner Sippschaft nahe der Weinstraße beheimatet ist, jener Region, wo auch die favorisierte Lieblingsspeise des Kanzlers der „blühenden Landschaften“ seine Heimat hat, des Saumagens.                                                                                 Meine so gewonnene Erkenntnis entbehrte also nicht einer gewissen Logik. Das förderte schließlich meinen Forschungsdrang, der mich sogleich jenen Aufkleber vorsichtig entfernen ließ, da unter diesem eine zweite Botschaft versteckt schien, die vielleicht weitere Aufschlüsse zutage brächte, da ich ja die Silberhochzeit meines Bruders auf 2005 datieren konnte. Und so war es dann auch. Die nächste Aufschrift lautete : „Unserer stets aktiven Mit-Närrin Brigitte zur Jahrtausendwende!   Dein K-K-K“ (*ein Karnevalsverein)       

Nun waren die Umwege jener buntbemalten Flasche eindeutig geklärt, und wie ich mich zu guter Letzt erinnerte, erhielt ich sie von meinem Bruder zum achtzigsten Geburtstag, wonach sie wohl versehentlich mit der abgebauten Weihnachtsdekoration auf dem Dachboden gelandet ist – und das war bereits auch schon vor sieben Jahren.                                                                               Ich beschloss, sie weiter zu verschenken. Wem aber?

Übermorgen war Nikolaustag, für den die gefüllten Tüten für die beiden Urenkel bereits bereit standen. Warum nicht eine dritte Tüte den Eltern? So landete jene Flasche schließlich bei meinem Enkel, dessen ehrliche Begeisterung über einen zwanzigjährigen Wein er im Endeffekt damit ausdrückte, dass er mich zum gemeinsamen Entkorken und anschließenden Umtrunk einlud. Meine heimlichen Bedenken, ob wir nach so vielen Stationen und langjähriger Lagerung auf dem Dachboden nicht vielleicht Essig in den Gläsern hätten, erwiesen sich schon beim ersten Schluck als unbegründet. Ansonsten möchte ich mich hinsichtlich der Qualität zurückhalten, da Spätlesen nicht so ganz meinem Geschmack entsprechen – auch wenn ich im Nachhinein erfuhr, dass es sich um einen sehr, sehr „teuren Tropfen“ handelte. 

……Inzwischen waren fast drei Monate vergangen, als ich Post von meinem Bruder erhielt, ihm, der gewöhnlich alles Wichtige und Unwichtige mir am Telefon mitteilt. „…..Ich weiß nicht, ob du dich noch erinnerst: Zu deinem Achtzigsten haben wir dir doch so eine bemalte Flasche Weißwein mitgebracht. Du wirst nicht glauben, was es mit dieser Flasche auf sich hat, aber lies es selbst. Anbei schicke ich dir die Kopie eines Artikels aus unserer regionalen Tageszeitung über den Bemaler dieser Flasche, der demzufolge inzwischen als ein international angesagter Popart-Künstler gilt.“                                                                                                                                     Bei aller Phantasie wollte ich es nicht glauben, was ich las: Da gab es also vor der Jahrtausendwende einen Gymnasiasten, der unter dem Pseudonym Andy Mundschenk ein paar Flaschen der Spätlese vom kaum bekannten kleinen Weingut seines Onkels Robert bemalt hatte. Eine jener künstlerisch verzierten Flaschen hatte Andys Schwester zur Jahrtausendwende ihrem aktuellen Laver geschenkt, der seinerzeit als Army-Angehöriger in Baumholder stationiert war. So landete dieses Geschenk fast zwei Jahrzehnte später letztendlich in San Francisco auf einer Auktion, wo es die stolze Summe von 85-Tausend Dollar erzielte.

Der Brief meines Bruders endete mit dem Satz, (der seiner Unwissenheit geschuldet war): „Hätteste dich damals zurückgehalten und die volle Pulle gut aufbewahrt, könnteste dir heute für die Knete ne ganze Wagenladung leisten. Nun aber weißt du endlich, was du mir schon damals wert warst.“

Ja, nun war sie tatsächlich leer, die Flasche, und so etwas wird scheinbar generell nicht als positiv bewertet, wenn man sich des Ausspruchs eines Fußballtrainers aus Bella Italia erinnert:         „Flasche leer!“.  

ZUM FRESSEN GERN

Als der Dichtervater Johann Wolfgang im Faust die offensichtlich für die Nachwelt goldene Weisheit mit den Worten:

„Nach Golde drängt,
Am Golde hängt 
Doch alles.“ 

preisgab, erstrahlte bereits seit Jahrhunderten der Glanz des Edelmetalls auf seine Besitzer und verlieh ihnen Macht.   

Das Gold gilt offenbar seit Anbeginn seiner Entdeckung durch den Homo sapiens als Synonym für Reichtum. Schon die Bibel berichtet über den Tanz ums goldene Kalb.

Außer der Liebe gibt es wohl von der Anzahl althergebrachter Sprichwörter kein anderes Wort, das so oft wie Gold in einem Sprichwort vorkommt. Bereits die Morgenstund hat schon Gold im Mund, was sicher im Widerspruch dazu steht, dass das Maulhalten, also das Schweigen, Gold sei. Auch würde Gold alle Türen öffnen und mit Gold könne man am besten seine Unschuld beweisen. Allerdings wird auch davor gewarnt, dass nicht alles Gold sei, was glänzt. 

Das alles sind mehr oder weniger olle Kamellen und passen nur noch als überholte Spruchweisheiten in unser Heute.                                                                                                    Unlängst hat ein Fußball-Millionär endlich die alten Weisheiten getoppt und auf einen neuen Stand gebracht. Nicht etwa, dass er das Gold auf die bereits sicher schon recht hohe Kante packte, er hat es verspeist und die Szenerie dabei den sogenannten sozialen Medien anvertraut. Was man dabei als sozial ansehen könnte, war mir allerdings ein Rätsel, für mich war es eher eine neuerliche Perversion. Aber damit scheine ich wohl etwas altbacken zu reagieren, auch wenn ich mich aus meiner Kindheit an das „Danziger Goldwasser“, eines Likörs, in dem (angeblich) winzige Goldpartikel schwammen, erinnere – was ich allerdings als Kind für einen ausgemachten Schwindel hielt.                                                                                                                      Inzwischen wurde der Goldvertilger gar zur Werbeikone exklusiver Gaststätten mit exklusiven Speisen, wie gülden überzogenen Steaks aus dem Fleisch von Straußen oder Gazellen und mit Gold bestäubten Desserts.

Ob der Auslöser in Person eines Fußballprofis des aktuellen Goldrauschs nun etwas Positives hinsichtlich seines Images hinzugewonnen hat, scheint mir mehr als fraglich. Diskussionen gab es allerdings, selbst bis hin in die Reihen von Politikern, von denen ein Spitzenvertreter die Frage eines Journalisten nach moralischer Bewertung der Angelegenheit dahingehend kommentierte, dass es in einer Gesellschaft ausreiche, wenn man den allgemeinen festgeschriebenen Rechtsauffassungen genüge. Der Betroffene habe schließlich sein Steak bezahlt und das reiche aus.    Na bitte! Das hält mich allerdings nicht von der Überzeugung ab, dass geltender Rechtsauffassungen ein bisschen geltender Moral nicht im Wege stehen würde.

Übrigens: Die Frage nach gesundheitlicher Verträglichkeit des Edelmetalls wurde von Medizinern als absolut ungefährlich eingestuft. Es fällt nicht der Verdauung anheim. Da bleibt der Hauptperson  am Ende sogar noch die Bezeichnung: Goldscheißer.

ENTDECKUNG DER GERECHTIGKEIT?

Ganz plötzlich bekommt der Begriff „Gerechtigkeit“ einen Stellenwert, den die beiden Parteien  innerhalb der Koalition, die sich als christlich bezeichnen, in der Vergangenheit nicht selten bei entsprechenden Kritiken als „Geizdebatten“ abgetan haben.

Grundrente: Ja! Steht ja im Koalitionsvertrag,…..aber auch eine Bedürftigkeitsprüfung ist dort fixiert! 

Logischem Denken zufolge wäre eine solche Prüfung insofern absolut widersinnig, da ja nirgendwo bei einer Rentenanpassung (z.B. Mütterrente) nach einer Bedürftigkeit geforscht wurde. Es geht schließlich für die Betroffenen um eine zeitlich vorgezogene Teilrente, die durch entsprechende Einzahlungen in die Rentenversicherung absolut ihre Berechtigung hat und keiner – wie auch immer gearteten – Einschränkungen bedarf. 

Spitzenpolitiker, die ernsthaft ihrem Job nachgehen, versehen sicher ohne Abstriche einen verantwortungsvollen und oft auch harten Beruf, wenngleich ohne konkretes Berufsbild und selten mit einer zielgerichteten Ausbildung, jedoch mit ansehnlichen Ruhestandseinkünften – und das 

ohne Bedürftigkeitsprüfung.   

Müsste denn sonst nicht jedweder Rentenanspruch auf den Prüfstand gestellt werden? 

Würden die eifrigen Verfechter jener Prüfung als selbst Betroffene es weiterhin als gerecht ansehen, wenn man die Höhe ihrer legalen Rentenansprüche durch Prüfung ihrer sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse einschränkte oder ganz und gar streichen würde?

Der Schrei jener, die Bedürftigkeit als Voraussetzung sehen, lautet stets: „Und wo sollen die finanziellen Mittel herkommen?“ Das scheint mir bei genauem Hinsehen gar nicht so problematisch. Ich habe nach der Wende in den Altbundesländern etliche Familien kennen gelernt, in denen die Dame des Hauses nie etwas oder kaum etwas in die Rentenkasse einzahlte und mit dem Ehepartner gemeinsam veranlagt wird zu jener (gerechten?) Einkommensbesteuerung nach der sogenannten Splittingtabelle, bei der der Steuerpflichtige 50% spart.

Wie wäre es denn mit einer gerechteren Neufassung? Aber da traut sich wohl keiner ran. 

KUNSTFIGUREN

Es ist noch nicht lange her, da trat sie im rosa Schlabberlook vor vollen Rängen auf und amüsierte ihr Publikum als Cindy aus Marzahn.

Auch, wenn nicht jedwede Darbietung jedermanns Sache ist, sollte man wohl seinen Hut ziehen vor der Frau, die damit Hartz vier hinter sich ließ.

Nun hat sie auch die Erfolge als Cindy hinter sich gelassen und mit kluger Selbsteinschätzung sich in Interviews zu ihrem neuen Leben unter ihrem bürgerlichen Namen bekannt. Ihr Resümee darüber, dass sie sich als Cindy von Marzahn nur vorübergehend in eine „Kunstfigur“ verwandelte, passte eigentlich so gar nicht zu den Erfahrungen, die ich von applausverwöhnten Bühnenkünstlern hatte, die doch stets auf alle Ewigkeit – mehr oder weniger abgehoben – ihre Persönlichkeit mit ihrem Erfolg gleich setzten. Ein erfolgreiches zweites „Ich“ einzugestehen, aus dem man freiwillig wieder aussteigt, zeugt schon von einer selten gewordenen Ehrlichkeit.

Damit war zwar der Fall „Cindy“ für mich abgeschlossen, nicht aber der Begriff „Kunstfigur“, und ich kam letztendlich zu dem Schluss, dass wir wohl alle hin und wieder – egal aus welchem Anlass, vorsätzlich oder unbewusst  – in eine Kunstfigur schlüpfen. Dazu ist nicht Kunst vonnöten, es handelt sich dabei lediglich um ein „künstliches“ zweites Ich. Das beweist wohl den entscheidenden aber oft verkannten Unterschied zwischen den Attributen: künstlerisch und künstlich, für die mir als Beispiel der sogenannte Kunsthonig einfällt, der, außer, dass er ebenfalls süß schmeckt, nichts mit Honig gemein hat.

Inzwischen jedoch scheint man die stets prononciert betonte Freiheit der Kunst in diskriminierendem Maß als Scharlatanerie zu missbrauchen:

Unlängst sendete ein Fernsehprogramm einen Bericht über das „Haus am See“, einer Villa aus den 1920er Jahren in Berlin Zehlendorf, die sich über Jahrzehnte als Kunsthaus einen Namen machte mit Ausstellungen weltberühmter Künstler. (u.a. Picasso und Richter)

Nach grundlegender Sanierung steht nun – erfreulicher Weise – die Wiedereröffnung bevor. 

Doch was die Sendung bot, zog mir fast die Socken aus:

Während die noch leeren Räumlichkeiten aufs Feinste prangten, versuchte man der Ästhetik der Fassade einen Stempel gegenwärtiger „Kunst“ aufzudrücken. Für mich: Unkultur in Reinkultur! 

Handwerker bohrten Löcher in die gesamte Fassade zur Aufhängung von 53 unterschiedlich großen Flächen aus weiß grundierter Malleinwand auf Keilrahmen, wie sie Maler nutzen, um sie mit ihren Darstellungen zu Kunstwerken werden zu lassen – durch Fantasie und Können.

Eine junge Journalistin führte das Gespräch mit der Leiterin des Hauses, einer Dame, die sich –  wenn ich mich recht erinnere – als Kuratorin darstellte, in überschwänglichen Worten ihren „künstlerischen“ Fassadenschmuck erläuterte und die Kunst darin sah, dass Sonne, Regen und Schnee (Ich glaube eher der Feinstaub) die noch weißen Flächen im Lauf der Zeit zu wundervollen Kunstwerken verwandeln werden.

Wie bitte? Das wäre etwa so, als würde der Leiter einer Philharmonie Trompetenblech an die Fassade nageln und darauf warten, das der Wind eine Melodie darauf spielt. 

Doch noch einmal zurück zum „Haus am See“, in dessen Garten als Krone der Kunst ein Areal dargeboten wurde, an dem – wohl vor der Renovierung – der gesamte ausrangierte Krempel, wie Regale, Mobiliar und ein großer, angerosteter Kühlschrank einen Platz gefunden hatte, jene Stelle, die Frau Kuratorin mit dem Begriff „künstlerische Installation“ hochlöblich vorführte. Sie meinte es ernst!

Man kann ja über Kunst streiten, wenn es denn Kunst ist, aber sollte man total Bekloppten nicht besser ein eigenes Forum bieten, dass Kunst noch das bleibt, was der normale Mensch dafür hält? 

NEIDHAMMEL

Warum ausgerechnet der bescheidene Hammel als Neider herhalten muss, haben meine diesbezüglichen Recherchen nicht ergeben. Da halten sich die sonst so wortgewitzten Sprachforscher sogar bedeckt. Vielleicht haben sie moralische Vorbehalte gegen jene Erklärung, die mir dazu einfällt: Als tierischer Eunuch ist der Hammel neidisch auf den potenten Bock. Aber das ist lediglich eine Vermutung und hinsichtlich des Folgenden absolut unerheblich.

Kritisches Aufbegehren um Gerechtigkeit wird nicht selten als Neid ausgelegt, und das ausschließlich von den Gewinnern am Verteilungsprinzip. Man unterstellt es jenen, die aufbegehren und will damit ihre Kritik ad absurdum führen.

Bereits Francis Bacon äußerte sich seinerzeit schon mit der Feststellung: „Der Neid folgt immer den Vergleichen mit sich selbst.“ Offensichtlich ist das die Bestätigung einer zeitlosen Realität, wie auch eigene Beobachtungen es beweisen. So finden Neidvergleiche kaum zwischen absolut unterschiedlich Begüterten statt. Keiner der Reichen ist neidisch auf Armut und kein Armer gönnt dem Reichen seinen Reichtum nicht, wenn er selbst zu Reichtum kommen möchte.              Allgemeine Notzeiten waren beispielsweise nie Zeiten, in denen der Neid einen besonderen Stellenwert hatte. Selbst in der um Gleichmacherei bemühten DDR hielt sich Neid in Grenzen.

Heute dagegen ist der Neid ein Absatz förderndes Geschäftsmodell, das in der Flimmerkiste damit beworben wird, dass zwei gut herausgeputzte und offensichtlich gut situierte Herren gegenseitig provozierend versuchen, sich verbal mit ihren Gütern zu übertreffen: „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht…!“ Man schürt den Neid auf gleichem „gehobenen Niveau“. (beziehungsweise, was man dafür hält!).

Doch das Mehrhaben gilt ja in den meisten Fällen nicht als das Endziel: Mehrhaben bedeutet  – und das meist ganz automatisch: mehr zu sein. Und mit diesem Mehrsein wiederum erhält man (zumindest indirekt) den Zugriff zu Machtverhältnissen, mit denen wiederum ein zukünftiges Mehrhaben weiterhin garantiert ist.

So kann sich der Neid im Endeffekt als ein einträgliches Geschäftsmodell legitimieren. Selbstverständlich muss man gewappnet sein, den Pegel des Mehrhabens stets zu optimieren, um sich im Wettstreit seine Neidhammel zu bewahren. Da reicht es manchmal schon aus, täglich mit dem Land-Rover an der Mucki-Bude vorzufahren …oder sich eben ein mit Blattgold überzogenes Steak servieren zu lassen.