EIN SCHNÄPPCHEN IN EHREN……

Der Begriff „Schnäppchen“ entbehrt nicht einer gewissen Komik. Der Erwerb eines Sogenannten füllt oft nutzlos Kleiderschränke, Küchen- und Kellerregale sowie Dachböden und sonstige Gelasse. Insoweit erweisen sich jene einst unüberseh- und überhörbar beworbenen Angebote meist jahrelang als überflüssige Raumfüller die Lagerstätten, um oft irgendwann ladenneu in einem Altkleider-Container oder im Sperrmüll zu landen. Somit steht ihnen trotz unbenutzter Langlebigkeit gerechterweise zumindest das viel gepriesene Adjektiv„nachhaltig“ zu, das ja nichts über den Gebrauchswert eines Produkts aussagt. 

Ich selbst bin – warum auch immer – weitestgehend immun gegenüber jedweder Werbung und sehe es nicht einmal als Diffamierung an, wenn man mich als Kauf-Muffel bezeichnet. Werbung hat bei mir so wenig Erfolg, dass ich diese über das Maß einer sachlichen Produktinformation hinsichtlich realer Qualitätsmerkmale hinaus für absolut überflüssig erachte. Selbst sogenannte  „exklusive Markennamen“ haben da keine Chance. Jeder hat eben so seine ganz persönlichen Macken und Defizite.

Das Anhängsel „chen“, (wie bei Schnäppchen) hat ja in unserer Muttersprache (Eine Vatersprache ist den Bestrebungen maskuliner Emanzipation bisher noch schuldig geblieben), ist also in unserer Muttersprache neben dem „lein“ am Ende eines Substantivs ein sogenanntes Diminutivum, wie es der Gebildete bezeichnet; aufs allgemein Verständliche übersetzt: es hat die Funktion der Verkleinerung, wobei der allwissende und weise Ratgeber Duden in diesem konkreten Fall über ein entsprechendes Substantiv für die Normalgröße, das ja logischerweise etwa „Schnapp“ heißen müsste, sich in Schweigen hüllt.

Aber es geht wohl offensichtlich bei diesen Schnäppchen nicht lediglich um Kleinigkeiten. Neulich erst traf ich den Orje Paschke, der früher mal Kühlschränke reparierte und danach rechtzeitig im Speckgürtel der Hauptstadt in die Immobilienbranche wechselte, als seine Tante Norma ihm das desolate Gelände ihrer einstigen Gärtnerei vererbte, das er wiederum anschließend als Bauland günstig verhökern konnte. Er erzählte mir, dass er gerade eine alte Villa für anderthalb Millionen im Angebot habe, und das wäre ein echtes Schnäppchen. Da scheint bei dem Begriff Schnäppchen wohl Nachbesserung vonnöten. Vielleicht gibt es früher oder später doch mal den Schnapp.

Im einstigen Arbeiter- und Bauernstaat gab es ja so etwas wie Schnäppchen überhaupt nicht. Woher sollte es auch resultieren zwischen all den Engpässen? Und daher wussten viele Ossis gar nicht, worum es sich dabei überhaupt handelt. Sie dachten, sie hätten vielleicht nicht richtig verstanden. Es könnte nur ein Schnäps-chen gemeint sein, und dies nahmen sie dann auch regelmäßig zur Brust, denn daran war kein Mangel. Aber umgehend nach der Wende gab es dann in der Ex-DDR doch die richtigen Schnäppchen, und die konnte man von der Treuhand beziehen – das heißt allerdings: nicht diejenigen, die immer nur Schnäpschen verstanden hatten, ihnen bot man auf bunt beflaggten Märkten unter jenem Begriff Autos an, die Cleverlies in den Alt-Bundesländern vom Schrott geholt hatten. 

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