TYPISCH DEUTSCH?

Seit die AfD nunmehr im Bundestag sitzt und offensichtlich in den Medien Vorrang genießt, (warum eigentlich?) wird man (quasi als Alternative?) allenthalben von der Presse und anderen Gremien gefragt: „Was ist für Sie (dich) typisch deutsch?“

Mir fiel auf diese Frage ad hoc nichts Besseres ein, als die Antwort: Diese Frage. Sie animiert zur Ein- und damit zur Ausgrenzung. Eigentlich hätte ich die Fragestellung nur aus Kreisen der AfD vermutet. Ich habe dabei das ungute Gefühl, dass man bei Beantwortung dieser Frage Antworten erwartet, die mich an „Deutschland, Deutschland über alles…“ erinnern. Aber wer ist überhaupt prädestiniert, diese Frage zu beantworten. Schließlich wäre Voraussetzung dafür, dass man umfassende Kenntnis im gesamten globalen Raum hat, und wer hat das schon?

Was nach Ansicht der alten wie der neuen „Rechten“ zu diesem Thema vonnöten sei, um die Fragestellung positiv zu beantworten, wäre eine Rückbesinnung auf verloren gegangene konservative Werte. Über die Benennung solcher Werte hat man sich allerdings kaum konkret ausgelassen. 

Zwar würde ich selbst mir in mancher Hinsicht eher mehr Progressivität wünschen, doch schließt das nicht aus, dass ich den Verlust einiger konservativer Werte absolut bedaure – vielleicht nicht jene, die die rechten Strategen vermissen. 

Das betrifft beispielsweise unsere Sprache: Muss denn alles ver-denglischt werden, was man in Rein-Deutsch ganz gut ausdrücken könnte? Mindert das nicht letztendlich den eigenen Wortschatz? Versetzt es nicht unsere literarischen Schätze der Vergangenheit in den Schatten musealer Relikte?                                                                                                                                        Das Skelettieren der Sätze Jugendlicher nach dem Sprachmuster junger Migranten ist zwar manchmal ganz witzig, doch leider wird es als normal empfunden und hat in der Zwischenzeit im Alltag und oft gar im Schulunterricht Einlass gehalten.                                                              Allerdings als Rapper kommt wahrscheinlich keiner ohne das Kauderwelsch auf einen grünen Zweig. So hat wohl auch dieses Problem seine zwei Seiten. 

Was man uns Deutschen nachsagt, ist eine gewisse Überheblichkeit. Ja, ich habe sie selbst erlebt bei Aufenthalten (hauptsächlich) in vermeintlich wirtschaftlich rückständigen Ländern. Es war mir oft peinlich. Doch den Eindruck, dass es eine typisch deutsche Marotte sei, musste ich nach der Wende alsbald umgehend revidieren: Was ich in dieser Hinsicht mit russischen Touristen an Urlaubsorten erlebte, übertraf alle meine diesbezüglichen Erfahrungen. Mir wurde klar: Verhaltensmuster sind in keinster Weise an eine Nationalität gebunden, sondern an Besitz und damit an Macht. Arroganz zu verstecken, ist offensichtlich nicht so einfach. Das durfte ich selbst (als einstiger Ossi) nach dem Fall der Mauer erleben, als wir „Rückständigen“ den Slogan verkündeten: „Mit Messer und Gabel können wir auch schon essen, und sogar Schnürsenkel sind uns nicht unbekannt.“

Inzwischen lassen wir ja nichts aus, was uns zum Übertrumpfen unserer Mitmenschen zur Verfügung steht. Es kam mir vor wie ein schlechter Witz, als man in einem Fernseh-Spot zeigte, (und das sogar in einem öffentlich-rechtlichen Programm!), wie sich zwei Herren an einem Tisch gegenübersitzen, sich freudestrahlend ansehen und sich gegenseitig verbal ihre Luxusgüter präsentieren: „Mein Auto,….mein Haus,….meine Yacht!“ Ob man damit etwas gegen die derzeit grassierende allgemeine Unzufriedenheit ausrichtet, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Ich befürchte, dass dieser singuläre Größenwahnsinn sich zur Pluralität hochschaukelt, vielleicht mit einem Slogan wie „Unsere Nation,…unsere Religion,….unsere Kultur!“                                     Auch, wenn ich in einer Demokratie gern Deutscher bin, aber von Prahlern, Blendern und Bluffern mich vertreten zu fühlen, schlägt mir auf den Magen.                                                                    Gegen die, zwar nicht allseits als erstrebenswert angesehenen, „Preußentugenden“ wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, hatte ich allerdings noch nie etwas einzuwenden.  

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