NEIDHAMMEL

Warum ausgerechnet der bescheidene Hammel als Neider herhalten muss, haben meine diesbezüglichen Recherchen nicht ergeben. Da halten sich die sonst so wortgewitzten Sprachforscher sogar bedeckt. Vielleicht haben sie moralische Vorbehalte gegen jene Erklärung, die mir dazu einfällt: Als tierischer Eunuch ist der Hammel neidisch auf den potenten Bock. Aber das ist lediglich eine Vermutung und hinsichtlich des Folgenden absolut unerheblich.

Kritisches Aufbegehren um Gerechtigkeit wird nicht selten als Neid ausgelegt, und das ausschließlich von den Gewinnern am Verteilungsprinzip. Man unterstellt es jenen, die aufbegehren und will damit ihre Kritik ad absurdum führen.

Bereits Francis Bacon äußerte sich seinerzeit schon mit der Feststellung: „Der Neid folgt immer den Vergleichen mit sich selbst.“ Offensichtlich ist das die Bestätigung einer zeitlosen Realität, wie auch eigene Beobachtungen es beweisen. So finden Neidvergleiche kaum zwischen absolut unterschiedlich Begüterten statt. Keiner der Reichen ist neidisch auf Armut und kein Armer gönnt dem Reichen seinen Reichtum nicht, wenn er selbst zu Reichtum kommen möchte.              Allgemeine Notzeiten waren beispielsweise nie Zeiten, in denen der Neid einen besonderen Stellenwert hatte. Selbst in der um Gleichmacherei bemühten DDR hielt sich Neid in Grenzen.

Heute dagegen ist der Neid ein Absatz förderndes Geschäftsmodell, das in der Flimmerkiste damit beworben wird, dass zwei gut herausgeputzte und offensichtlich gut situierte Herren gegenseitig provozierend versuchen, sich verbal mit ihren Gütern zu übertreffen: „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht…!“ Man schürt den Neid auf gleichem „gehobenen Niveau“. (beziehungsweise, was man dafür hält!).

Doch das Mehrhaben gilt ja in den meisten Fällen nicht als das Endziel: Mehrhaben bedeutet  – und das meist ganz automatisch: mehr zu sein. Und mit diesem Mehrsein wiederum erhält man (zumindest indirekt) den Zugriff zu Machtverhältnissen, mit denen wiederum ein zukünftiges Mehrhaben weiterhin garantiert ist.

So kann sich der Neid im Endeffekt als ein einträgliches Geschäftsmodell legitimieren. Selbstverständlich muss man gewappnet sein, den Pegel des Mehrhabens stets zu optimieren, um sich im Wettstreit seine Neidhammel zu bewahren. Da reicht es manchmal schon aus, täglich mit dem Land-Rover an der Mucki-Bude vorzufahren …oder sich eben ein mit Blattgold überzogenes Steak servieren zu lassen.

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